~Kapitel 12

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Wir wechselten kaum ein Wort miteinander. Was hätte ich auch sagen sollen? Es war zu viel zwischen uns geschehen. Und ich wünschte mir nichts Sehnlicheres, als mein Unwissen zurück. Wie friedvoll es doch gewesen war. Wie einfach es war, ihn einfach zu lieben. Wie schön es war, zu denken er würde dasselbe für mich empfinden.

Der Tag ging schnell vorüber und er entfachte im Wald ein winziges Feuer. Ich verstand diese Geste auch ohne ein Wort. Er hatte es wegen mit entfacht.

Wir hatten zwar einen Vorsprung was unsere Verfolger betraf, aber dennoch war es gefährlich ein Feuer zu entzünden. Die Dunkelheit der Nacht sowie das Blätterdach über uns, sollte den Rauch unsichtbar machen.

Touma saß mir gegenüber. Er hatte mir wieder seinen Haori überlassen auf dem ich nun lag. Der Boden unter mir war hart und kalt. Doch mein Körper war von der Reise so erschöpft, dass es mir nichts ausmachte. Nur die Kälte, die durch unsere Distanz entstanden war, machte mir zu schaffen.

Er stach ins Feuer, sodass Asche und kleine Funken aufstoben. Ich war müde, doch das Spiel des Feuers fesselte mich so sehr, dass ich die Augen nicht davon abwenden konnte. Der Stock hielt inne. „Schlaf jetzt Yuzuna. Ich passe auf dich auf.“ Ich wusste, dass er mich ansah. Aber ich wagte es nicht seinem Blick zu begegnen. Schnell schloss ich die Augen, denn es versuchten wieder Tränen zu entfliehen. Tränen die nicht geweint werden durften.

Irgendwann wachte ich mitten in der Nacht auf. Mein Gesicht immer noch dem warmen Feuer zugewandt. Meine Lider waren schwer doch der Schlaf verflüchtigte sich immer mehr. Er saß an einem Baum gelehnt und betrachtete den Gegenstand in seiner Hand. Ich konnte es nicht recht erkennen, denn meine Augen mussten sich noch an den Kontrast zwischen Nacht und Feuerschein gewöhnen.

Erst dachte ich, dass das Licht des Feuers den Gegenstand rot färbte, doch es handelte sich um meinen Kamm. Nein falsch. Der Kamm war für ihn bestimmt gewesen. Ich hatte es ihm schenken wollen.

Jener Kamm den ich von einem Lackwarenhändler in der Stadt erstanden hatte. Ich konnte mich damals nicht entscheiden welchen ich für ihn kaufen sollte. Doch als der Kaufmann mich erkannte holte er seine Schönsten Kämme hervor, die er besaß. Und ich verliebte mich sofort in diesen einen. Meine Wangen waren warm und ich lief eilig ins Schloss zurück um ihn zu verpacken und Touma zu schenken.

Doch etwas war passiert.

„Es war ein Geschenk an dich.“ Sagte ich leise. Seine Finger hörten auf den Kamm zu drehen. „Als Belohnung dafür, dass ich mit dir Weggelaufen bin wie ein Spion?“ die Kühle in seiner Stimme jagte mir eine Gänsehaut ein.

„Nein!“ sagte ich ohne nachzudenken. „Ich habe ihn gekauft, bevor ich beschlossen hatte mit dir zu Fliehen.“ Er lachte. „Fliehen? Das hört sich so unschuldig an. Wovor wolltest du fliehen, Yuzuna? Vor all dem Luxus? Vor all deiner Macht, die du so gerne auf andere angewendet hast?“ Spott, Wut und verletzter Stolz schwangen in seiner Stimme mit.

Ich wusste nicht wovor ich fliehen wollte. Ich fühlte mich ertappt. „Ich weiß es nicht mehr…“ Mit einem Mal wollte ich die ganze Wahrheit erfahren. Ich wollte wissen was ich getan hatte um mich richtig bei ihm zu entschuldigen. Um mich zu bessern. Um alles dafür zu geben, dass er mich nicht mehr hasste.

„Wieso hast du ihn nicht angenommen als ich dir den Kamm gab?“ fragte ich, all meinen Mut aufbringend. Er seufzte genervt. „Wieso sollte ich einen Kamm annehmen, von einer Frau die mich auf tiefste hasst und mich mit schmutzigen Mitteln dazu bringt Verrat zu begehen?“

Ich war auf das Schlimmste gefasst gewesen, dennoch waren diese Worte nicht weniger schmerzhaft. „Ich habe dich nie gehasst, Touma.“ Sein Blick war wachsam, misstrauisch. Doch ich hatte kurz nachdem ich den Satz vollendet hatte einen Funken von Erstaunen und vielleicht Hoffnung gesehen.

„Achja? Wieso hast du mir dann gedroht Yuiko zu töten und mich als Verräter anzuklagen wenn ich nicht mit dir käme?“ Er sah mich fordernd und provozierend an. Er drängte mich wie ein wildes Tier in die Ecke. Ließ mich die Verzweiflung noch intensiver spüren als ohnehin schon. Ein Strudel voll mit Emotionen und Erinnerungen ergriffen meinen Geist. Mir wurde schwindelig, denn ich konnte keinen klaren Gedanken darin erfassen. Ich wollte dass es aufhörte! Sofort!

„Ich wollte dass du sie endlich vergisst! Ich wollte mit dir ein neues Leben anfangen! Ich wollte der Verlobung mit Lord Higuchi entfliehen!“ Ich schrie. Ich schrie und die Tränen die ich zurückgehalten hatte liefen meine Wangen unaufhaltsam hinunter.

„Aber das Wichtigste davon war, dass ich mich bei dir entschuldigen wollte. Ich wollte…“ ich verschluckte mich und kämpfte um eine klarere Stimme.

„Die Wahrheit ist, dass ich dich immer geliebt habe.“

Ich hatte nicht mehr die Kraft dazu ihm zu erklären warum ich all diese widersprüchlichen Dinge getan hatte. Warum ich ihn so gedemütigt hatte. Warum ich wollte, dass er Yuiko vergaß. Meine Erinnerungen an dieser Frau waren noch nicht vollständig zurückgekehrt. Ich hatte nur das Gefühl, dass sie nicht die war für die er sie hielt.

Verzweifelt sah ich ihn mit tränennassem Gesicht an. Voller Hoffnung, dass er verstand. Verstand warum ich jene Dinge getan hatte.

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