„Ich möchte neu anfangen!“ Ich erschrak als ich meinen Gedanken laut aus meinem Mund hörte. Dennoch löste er ein Lächeln auf meinem Gesicht aus. Die Verwirrung, die ich durch den Entschluss meines Vaters, entstanden war, verschwand. Eine Idee formte sich in meinem Kopf, immer greifbarer, immer wundervoller, bis sie zu einer Wahrheit wurde an der ich festhalten würde. Etwas bei dem mich niemand mehr aufhalten konnte! Vor wenigen Sekunden hätte ich noch weinen können, doch jetzt könnte ich Luftsprünge machen. Wunderbar! Fantastisch!
Euphorie machte sich in mir breit und ließ meine Wangen vor Aufregung glühen. Ich musste ihn suchen gehen! Ich musste ihm sagen was ich vorhatte!
Ich war einige Schritte gelaufen, als mir wieder einfiel, dass er mehr als nur wütend auf mich war. Ein gerissenes Lächeln zog sich über meine Lippen. Ich würde ihn schon noch überreden mit mir zu fliehen. Ich würde ihn sogar zwingen und erpressen wenn es notwendig wäre! Egal was es kosten würde! Ich werde mit ihm glücklich werden!
Denn ich konnte niemanden anderen an meiner Seite akzeptieren als Touma!
Mir wurde schlecht.
Langsam drehte sich sein Kopf in meine Richtung. Er musterte mich. Ich verbarg mein Gesicht in meinen Händen und würgte. Der imaginäre Kloß der seit meinem Erwachen in meiner Brust steckte, hatte sich vergrößert. Er war nicht mehr das was er vorher war – das Wissen meine Erinnerungen verloren zu haben. Das war er nie gewesen. Er war schon immer das Wissen etwas Unverzeihliches getan zu haben.
Ich habe schon immer versucht ihn herunterzuschlucken. Ihn zu ignorieren und von mir zu schieben. Aber nie war er ganz verschwunden. Ich erinnerte mich wie schwer es war meine Verzweiflung ihm gegenüber zu verstecken. Immer wurde es schlimmer, je öfter ich die Starke spielte.
„Ich habe ihn belogen.“
Meine eigene Stimme klagte mich in meinen Gedanken an.
Durch eine einzige Lüge folgte ein ganzes Geflecht von Lügen. Wie ein Spinnennetz, aus der die Fliege nicht mehr entkam. Ich konnte mich nicht einmal mehr an die erste Lüge erinnern.
Ich hatte mir mein eigenes Verderben gesponnen.
Mehr noch. Ich habe mich auch selbst belogen.
Szenen in denen ich versucht hatte ihm aus dem Weg zu gehen, ihn aber nicht loslassen wollte. Szenen in denen ich ihm schlimme Worte an den Kopf warf, obwohl ich sie niemals aussprechen wollte. Und Szenen ihn denen ich ihn schlug, obwohl ich nichts lieber getan hätte als ihn zu umarmen.
All das strömte in meinen Kopf und blieb. Blieb schmerzhaft wo sie schon immer gewesen waren.
„Lass uns gehen Yuzuna.“ Seine Stimme war wie Balsam für meine gepeinigte Seele. „Dein Vater wartet auf dich.“
Ich hatte den Unterschied bemerkt und sah ihn erschrocken an. „Mich?“ fragte ich leise. Ich erinnere mich noch genau an seine gestrigen Worte: „Man erwartet uns zu Hause.“ Er hatte immer uns beide gemeint.
Erst reagierte er nicht, doch dann schien ihn die Frage erreicht zu haben. Ein kurzes höhnisches Lachen ertönte. „Tut mir leid, ich dachte du hättest dich schon daran erinnert.“
Ich fühlte mich immer unwohler je länger er mich ansah. Ich hatte ja keine Ahnung, dass das elende Gefühl sich noch verstärken konnte.
Meine Gedanken rasten. An was hätte ich mich erinnern sollen?
„Ich werde nicht mit dir zurückkehren. Wegen dir, kann ich das nie wieder.“
Mir wurde eisig kalt. „Aber du bist mein Mann!“ ich schrie es fast hinaus. Meine Stimme voller Verzweiflung und Schuld.
„Glaubst du das noch immer?“ fragte er spöttisch. Sein Gesicht war wieder durch eine kalte, undurchdringliche Maske verdeckt. Er war so gut darin, all seine Emotionen dahinter zu verbergen.
Touma kehrte mir den Rücken zu und ging zum Pferd.
„Ich war nie dein Ehemann und werde es auch niemals sein, Yuzuna.“